Wilhelm Drach, Filippo Borella
Formulierung durch Farbe
Wilhelm Drachs abstrakt figurale Expressionen kontrastieren zu Filippo Borellas formal konstruktiven Kompositionen aus farbigen Reißverschlüssen. Der Zipp, ein zeitloses Interface der Modeindustrie, Symbol für Flexibilität, für beliebige Austauschbarkeit der äußeren Erscheinung, steht anonymer, abstrakter Intimität gegenüber. Wobei das Intime insbesondere von dem temperamentvoll farbigen Duktus ausgeht. Ein Zusammenspiel sich ergänzender Möglichkeiten.
> Eröffnung Guido Zehetbauer-Salzer
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Pressestimmen zur Ausstellung
Wiener Zeitung: Jack the Zipper
(cai) Auf die Länge kommt’s also doch an. Auf die Länge vom Reißverschluss. Nicht von dem, was dahinter ist. Filippo Borella verzeichnet die Zentimeter jedenfalls immer ganz penibel.
Nicht, dass ein Bild (ja, Bild, was haben Sie denn gedacht? Eine Hose?), für das er 9280 Zentimeter benötigt, potenter wäre als eins, bei dem er mit 1820 auskommt. Originelle Technik. Die rhythmisch gestreiften und gekastelten Arbeiten bestehen meist vollständig aus farbigen Zipps, die der Italiener aneinandernäht oder komplex zu einem Karomuster verwebt. (Außer er zippt gemalte Flächen zusammen und interpretiert einen van Doesburg humorvoll neu.)
Nein, da verarbeitet nicht etwa einer verbissen einen peinlichen Moment (haha, dein Hosentürl ist offen!) oder lebt seine voyeuristischen Fantasien aus. Wobei: Wenn nicht alle Verschlüsse züchtig zu sind, sondern ein paar kokett die "Unterwäsche" entblößen (einen kontrastfarbigen Stoff), ist das ziemlich sexy. (Abstrakte erotische Bilder?) Lucio Fontana, dieser Jack the Ripper, hat die Leinwand brutal aufgeschlitzt, Jack the Zipper kann seine Wunden locker wieder verschließen. Und stellt die Wohlerzogenheit des Publikums auf die Probe. (Die Reißverschlüsse sind ja voll funktionsfähig.)
Witzig: Durch einen Schlitz in der Österreichfahne blitzt die italienische Trikolore. Man denkt sofort aktuell an offene und geschlossene Grenzen. Oder halt daran, dass in der zs art galerie auch noch ein Österreicher ausstellt: Wilhelm Drach. Die Figur erhebt sich aus der Abstraktion. Ja, der Dialog zwischen grober Pinselzeichnung und einem vielschichtig gestischen, transparenten Farbauftrag, der den Blick ungeahnt tief eintauchen lässt, hat seinen Reiz...
Claudia Aigner, 29. 07. 15