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Gunda Timmel-Reitter erzählt mit ihren grau-bunten Nebel-Bildern Geschichten. Vorzugsweise dunkle, russische Melancholien.


Sie portraitiert trotz ihres unerschöpflich optimistischen Wesens die scheinbare Schwere, Rastlosigkeit, Egozentrik des Alltags interpretiert das in sich gekehrte Aneinander-Vorbeihasten als Flucht vor sich selbst. So sagt Prof. Dr. Wieland Schmied in einem Brief vom 13. 5. 2006: "Die gehenden, flüchtigen und flüchtenden Figuren, die Sie malen, erinnern mich ein wenig an die flüchtenden Horden von Henri Michaux..."

Sie gibt dem Kern des Neuen Testaments eine entscheidend positive Wendung, indem sie Jesus die väterliche Anordnung, sich am Kreuz stellvertretend töten zu lassen, verweigern lässt. Und genau kraft dieser Auflehnung, dem Bekenntnis zum Leben, rettet der Mensch Jesus die Menschheit. Ein verwaistes Kreuz – unberührt – bleibt als Symbol zurück. So vermag dieses Kreuz in der Düsternis des einsamen Grolls Gottes die Bibel, das Leben VOR dem Tode, lebensbejahend konstruktiv umzuschreiben.

Gunda Timmel-Reitters Geschichten ziehen die Betrachter magisch an, wie es gute Literatur kann. Aus Gunda Timmel-Reitters Bilder sprudelt geheimnisumwitterter, Fantasie anregender Lesestoff. Dabei sind ihre Protagonisten, ihre Landschaften kaum fassbar und gleichzeitig so deutlich fühlbar. Weitgehend abstrahiert und reduziert transzendiert Gunda Timmel-Reitter keinen konkreten Moment, sondern die verdichtete Aura ihrer Erzählungen, die abseits virtueller Perfektion die Vielschichtigkeit menschlicher Unvollkommenheit behandeln.

Durch Übereinanderlagerung, Zerstörung und Wiederaufbau mehrerer Flächen und Strukturen ist die Materialbildung nicht bloß Ausgangspunkt, sondern vielschichtiger Weg zum offenen Ende ihrer Erzählungen. Gunda Timmel-Reitters Bilder laden ein zum Verweilen, auf eine Reise in eine andere Welt.